Unsere Verlagshäuser sind derzeit damit beschäftigt, zu überleben. Sie kämpfen mit Strukturen, Geschäftsmodellen und Produkten, die heute nicht mehr so funktionieren wie bisher.
Auflagen und Umsätze brechen ein, es gibt massenhafte Entlassungen. Und dabei gerät noch etwas unter die Räder: der kritische, lokale Qualitätsjournalismus. Fast überall mangelt es an Personal und Zeit, wirklich genau hinzusehen. Eine gefährliche Entwicklung angesichts der Bedrohungen unserer Demokratie: Fake News, feindlicher Propaganda, Rechtspopulismus und die Auswirkungen künstlicher Intelligenz. Die Krise betrifft längst nicht mehr nur die Medienbranche. Sie gefährdet die Demokratie.
In den letzten Jahren wurden in ganz Europa vielversprechende Journalismus-Organisationen gegründet. Sie entwickeln erfrischende Formate und bespielen mühelos Kanäle wie Podcasts, Videos, Newsletter, soziale Medien. Eine solche Gründungswelle braucht es auch in Österreich. Neue, kleine Medienhäuser mit zehn bis 20 Leuten, die sich in flexiblen Strukturen und digital organisieren und ihre Nische mit seriösem Qualitätsjournalismus bespielen. Die in Netzwerken zusammenarbeiten, sich Zeit nehmen, um in die Tiefe zu gehen. Die ihren Fokus auf Qualität legen – nicht auf Rendite, Werbevermarktung oder einem Exit. Auch hier gibt es genug Talent und unternehmerische Energie für solche journalistische Start-Ups.
Eine solche Gründungswelle braucht aber unabhängiges privates Kapital, das auf finanzielle Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Mehrwert ausgerichtet ist. Das ist der fehlende Impuls um unser Medienökosystem zu diversifizieren, um Medien- und Meinungsvielfalt zu sichern. Die Stadt Wien investiert mit der „Medieninitiative“ seit 2019 jährlich drei Millionen Euro in Journalismus-Start-ups und Innovationen. Sie dient damit international als Vorbild. Aber das reicht bei Weitem nicht aus. Abgesehen davon muss Journalismus unabhängig von staatlichen Zuwendungen sein. Es braucht private Investitionen, die vielleicht keine schnellen, hohen Gewinne versprechen, aber ein nachhaltiges Geschäftsmodell mit sozialem Mehrwert. Jetzt gilt es die Kräfte zu bündeln: Individuen, Familien, Stiftungen – Philanthropen und Impact Investoren – müssen sich jetzt engagieren. Hochwertiger Journalismus ist eine Investition, die sich auf Dauer vielfach lohnt.
Hinweis: Dieser Text erschien am 23.04. 2024 auch im Horizont.